Trichotillomanie

Trichotillomanie

Bei der Trichotillomanie verspüren die Betroffenen einen massiven, oftmals zwanghaften Drang zum Ausreißen der Haare. Das Wort setzt sich aus den folgenden griechischen Bezeichnungen zusammen: Der erste Teil „tricho“ bedeutet Haar, „tillo“ heißt rupfen und „mania“ beschreibt das triebhafte oder süchtige Verhalten. François Henri Hallopeau, der französische Dermatologe, hat diesen Begriff erstmalig im Jahr 1887 erwähnt. Zum Teil ist die Erkrankung mit dem Skin-Picking (Dermatillomanie) kombiniert. Hierbei wird die Haut durch Kratzen, Knibbeln und Reiben zerstört. Bei beidem handelt es sich um komplexe Störungen. Es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, doch es ist nicht immer einfach, sich dieses Verhalten abzugewöhnen.

Was ist die Trichotillomanie genau?

Betroffene, die an der Trichotillomanie erkrankt sind, reißen sich meist täglich die Haare aus. Teilweise geschieht dies stundenlang zwanghaft, bis der Kopf kahle Stellen aufweist oder sogar blutet. Der Versuch, sich dagegen zu wehren, scheitert, denn es handelt sich bei der Trichotillomanie um eine Störung der Impulskontrolle. Die Krankheit gehört zu den Zwangsstörungen. Sie verläuft oftmals chronisch und geht mit vielen Rückfällen einher.

Das Schlimme ist: Es kann zu einem beachtlichen Haarverlust kommen. Im Durchschnitt beginnen Betroffene im Alter von rund zwölf Jahren damit, sich die Haare auszureißen, doch auch früher oder später kann es dazu kommen. Ihren Altersgipfel hat die Krankheit jedoch in der Pubertät. Betroffene reißen sich die Haare meist an der Kopfhaut aus, doch auch andere Körperstellen wie die Schamhaare, Augenbrauen, Wimpern oder der Bart werden mitunter angegriffen. Die Haare werden einzeln oder büschelweise entfernt. Die Folge ist meist ein sichtbarer Haarverlust, wobei es zu kleineren bis größeren Kahlstellen kommt.

Wie kommt es zur Trichotillomanie?

Bei den meisten Betroffenen ist das Ausreißen der Haare mit einer hohen Spannung und inneren Unruhe verbunden. Es verschafft anschließend ein Gefühl der Erleichterung, Befriedigung und Zufriedenheit. Der Vorgang führt kurzfristig zur erwünschten Entspannung. Doch die Empfindungen der Wut und Scham, die häufig darauf folgen, erzeugen wieder eine innere Spannung.

Dies führt erneut zum zwanghaften Impuls. Daraus resultiert ein Teufelskreis, der nur schwer zu durchbrechen ist. Manchmal wird die Handlung ausgeführt, um unangenehme Erfahrungen, Gefühle, Gedanken oder Körperempfindungen zu regulieren. Nicht selten ist das Ausreißen der Haare auch mit einer Verringerung von Langeweile, Angst, Traurigkeit oder Stress verbunden. Anderen wiederum fällt es schwer, dem starken Impuls zu widerstehen, wenn in Ruhe ein Buch gelesen oder TV geschaut wird. Betroffene verspüren dabei entweder keine Schmerzen oder sie werden ignoriert. Oftmals werden die Handlungen gar nicht bewusst erlebt.

Lediglich der enorme Drang, die Haare auszureißen, wird meistens stark verspürt. Frauen sollen laut Studien etwas häufiger unter der Trichotillomanie leiden als Männer. Die Erkrankung kann einige Monate oder auch Jahre anhalten. Das Verhalten ist oftmals mit bestimmten Aktivitäten verbunden, es kann aber auch nur phasenweise auftreten. Zwischen den Phasen vergehen zum Teil Monate. Kommt es nach dem Ausreißen zum Verzehren der Haare, wird dies wiederum als Trichophagie bezeichnet. Dann gibt es noch die Trichotemnomanie. Hierbei werden die Haare zwanghaft abgeschnitten oder abrasiert.

Was sind die Ursachen der Trichotillomanie?

Forscher vermuten hinsichtlich der Ursache, dass eine erbliche Disposition und gewisse Auslöser im Gehirn ein Ungleichgewicht der Neurotransmittern fördern, wodurch die zwanghaften Handlungen entstehen. Auch traumatische Erlebnisse kommen als Auslöser infrage, zum Beispiel der Tod eines geliebten Angehörigen, Probleme innerhalb der Familie, Missbrauch, Gewalt oder andere belastende Ereignisse in der Kindheit, die das Selbstwertgefühl verringern. Viele Betroffene erhalten, da dieser Störung leider nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird, keine Behandlung.

Dabei kann die Trichotillomanie im extremen Fall bis zur absoluten Kahlheit führen. Die genauen Ursachen konnten bisher nicht eindeutig geklärt werden, sodass die Auslöser der Trichotillomanie individuell ermittelt werden müssen. Laut Studien haben über zwei Drittel der Betroffenen mindestens ein traumatisches Erlebnis erfahren. Die Störung wird oftmals erst im Erwachsenenalter erkannt, da Betroffene häufig Jahre oder Jahrzehnte lang aufgrund von Schuld, Schamgefühlen und Selbstvorwürfen ihr großes Leiden tabuisieren. Viele Betroffene versuchen, zu verhindern, dass die Zwangshandlungen erkannt werden. Daher kommt es oft zur sozialen Isolation.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Die Erkrankung geht mit einem niedrigen Selbstwertgefühl, hohem Stress sowie sozialen und beruflichen Einschränkungen einher. Daher ist eine effektive und nachhaltige Behandlung sehr wichtig. Die Auslöser zu ermitteln, kann sehr hilfreich dabei sein, Möglichkeiten zu finden, mit den schwierigen Situationen oder Erfahrungen umzugehen. Psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen treten bei Betroffenen gehäuft auf. Das Erleben, sich selbst nicht kontrollieren zu können, geht oft mit Frustrations- und Minderwertigkeitsgefühlen einher. Daraus resultieren häufig die Begleiterkrankungen. Daher muss die Behandlung oft vielschichtig erfolgen. Umso zeitiger dies geschieht, umso größer sind die Erfolgschancen, sich das Verhalten wieder abgewöhnen zu können.

Die Patienten werden oft zum Psychologen oder Psychiater überwiesen. Eine medikamentöse Therapie kann dabei helfen, die zwanghaften Impulse zu unterdrücken und eventuell vorhandenen psychischen Begleiterscheinungen entgegenzuwirken. Das Aufhören mit dem Ausreißen der Haare ist stets die einzige Lösung. Die immer wiederkehrende Zugbeanspruchung kann die Haarfollikel leider dauerhaft beschädigen, sodass die Haare nicht mehr nachwachsen. Wenn den Haarfollikeln mittlerweile ein dauerhafter Schaden zugefügt wurde, ist eine vollständige Regenerierung eventuell nicht mehr möglich. In diesem Fall kann eine Haartransplantation eine Lösung sein. Es sollte jedoch kein Risiko mehr bestehen, dass die eingesetzten Haarzellen wieder herausgezogen werden.

Fazit

Bei der Behandlung der Trichotillomanie spielt insbesondere bei einem schweren Verlauf der Erkrankung die psychotherapeutische Behandlung eine sehr wichtige Rolle. Auf diese Weise können die Auslöser ermittelt werden. Zudem ist eine Verhaltenstherapie hilfreich, denn sie kann dabei unterstützen, negative Verhaltensweisen zu verändern. Medikamente allein helfen meist nicht, denn wenn sie abgesetzt werden, entsteht oft wieder der Drang, die Haare auszureißen. Eine Haartransplantation kann bei einer irreversiblen Form des Haarausfalls infrage kommen. Die Therapie sollte zu diesem Zeitpunkt erfolgreich abgeschlossen sein.

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